Leseprobe "Der italienische Nachbar" - Gay Romance Novelle
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Als
es mir endlich gelang die Tür zu öffnen, konnte ich in Alessandros Gesicht
lesen, dass ich ein urkomisches Bild abgeben musste. Mein rechter Fuß hing noch
im Kleiderständer, zwei Jacken hatten sich um meinen Arm gewickelt und ich
hatte das ungute Gefühl, meine Frisur glich einem Strohhaufen. Alessandros
Mundwinkel begannen zu zucken, bis er schließlich laut auflachte.
„Schön,
dass ich dich zum Lachen bringen kann“, murmelte ich und spürte, wie meine
Wangen heiß wurden. Endlich schaffte ich es, meinen Fuß aus dem Kleiderständer
zu befreien und schüttelte die Jacken ab. „Ich … ähm … das blöde Ding hat mich
angegriffen, als ich die Tür öffnen wollte.“
„Aha
…“, antwortete Alessandro noch immer grinsend. Wir blickten uns einige Sekunden
lang stumm an, bis Alessandros Grinsen erstarb und er mich mit einer Intensität
ansah, die mich frösteln ließ.
„Alles
in Ordnung bei dir?“, fragte ich mit rauer Stimme und schluckte schwer. Die
Luft begann zu knistern, unsichtbare Blitze zuckten zwischen uns hin und her.
Alessandro
zuckte die Schultern. „Ja … nein, eigentlich nicht.“ Ein Seufzen wich aus
seiner Kehle.
„Komm
erstmal rein.“ Ich deutete mit einem Kopfnicken in meine Wohnung.
„Ich
hab mich mit Carina gestritten.“
„Das
war nicht zu überhören“, antwortete ich.
„Kann
ich bei dir den Schlüsseldienst anrufen? Ich hab mich ausgesperrt.“
„Natürlich.“
Er sah so deprimiert aus, dass ich ihn in diesem Moment am liebsten in meine
Arme genommen hätte. Ich holte das Telefonbuch und suchte die Nummer heraus.
Unauffällig beobachtete ich ihn, während er telefonierte. Alessandro war unglaublich
heiß. Er war barfuß, trug eine ausgewaschene Jeans und ein helles, eng
anliegendes Shirt, das seinen muskulösen Körperbau betonte. Als er die linke
Hand in seine Hosentasche steckte, spannte sich sein Bizeps an und die Sehnen
seines Unterarms traten hervor. Alessandro beendete das Gespräch und fuhr sich
seufzend durch das Haar. Eine dunkle Strähne fiel in seine Stirn zurück, als er
mich ansah.
„In
etwa einer halben bis dreiviertel Stunde kommt jemand vorbei“, sagte er
zerknirscht. „Hättest du etwas vorgehabt?“
Ich
schüttelte den Kopf. „Nein, ich wäre sowieso zuhause gewesen. Na komm, jetzt
beruhig dich erstmal ein bisschen. Möchtest du etwas essen oder trinken?“,
fragte ich. „Oder beides?“ Oder Sex?
Er
lächelte und ich war nahe einer Ohnmacht. Alessandro war definitiv weder gut
für meine Gesundheit, noch für meinen Verstand.
„Hast
du ein Bier da?“
Als
ich ins Wohnzimmer zurückkam, saß Alessandro ziemlich verloren auf dem Sofa und
starrte Löcher in die Luft. Und er sah dabei so gut aus, dass ich Herzrasen
bekam. Ich wollte ihn in eine Decke einwickeln, in mein Bett legen und die
ganze Nacht sein Haar streicheln.
„Wie
lange seid ihr eigentlich schon zusammen?“, fragte ich, während ich ihm ein
Bier reichte und mich neben ihn setzte.
„Etwas
über ein Jahr“, antwortete Alessandro, nickte mir dankbar zu und nahm einen
Schluck aus der Flasche. Ich beobachtete sein Profil, wie sich seine Lippen an
die Flaschenöffnung legten und sein Adamsapfel auf und absprang, als er
schluckte. Er stellte die Flasche auf den Tisch zurück und sah mich an.
„Manchmal habe ich das Gefühl, der Weg den wir gehen ist nicht derselbe. Wir
sind einfach zu verschieden. Für Carina sind Dinge wichtig, denen ich keine
Bedeutung beimesse und umgekehrt ist es genauso.“ Er senkte den Blick und
zupfte am Etikett seiner Bierflasche. „Bis heute war sie erst zweimal bei uns
in der Pizzeria. Sie behauptet, sie mag keine Pizza, aber ich weiß, dass es ihr
bei uns nicht schickimicki genug ist.“
Ich
sah ihn fragend an, worauf er mit den Schultern zuckte. „Carinas Eltern sind
wohlhabend – eigentlich müsste sie gar nicht studieren, aber sie braucht
wahrscheinlich eine Beschäftigung.“ Er rollte mit den Augen und verzog die
Mundwinkel. „Sie ist einfach verwöhnt und manchmal ganz schön unterkühlt.“
Ich
wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich stand kurz davor ihn zu fragen, warum
er überhaupt mit ihr zusammen war. Ich spürte so etwas wie Freude und ein
winziges Fünkchen Hoffnung keimte in mir auf, dass es vielleicht bald aus sein
könnte, zwischen ihm und seiner bescheuerten Freundin. Alessandro schüttelte
den Kopf und schnaubte. „Sie ist schrecklich eifersüchtig und denkt ich habe
eine andere.“
Ich
sah ihn an. „Und? Hast du?“
„Natürlich
nicht!“, antwortete Alessandro entrüstet. „Du weißt doch, dass ich die ganze Zeit
mit dir zusammen war.“
Ich
spürte, dass ich rot wurde, meine Wangen brannten.
„Ähm
… ja“, stammelte ich. Wir schwiegen eine Weile.
„Ich
bin froh, dass du hier wohnst, Noah“, sagte Alessandro plötzlich. Ich sah aus
dem Augenwinkel, dass er zur Zimmerdecke blickte und sich nicht rührte.
„Ich
auch“, antwortete ich heiser und räusperte mich.
Und
dann geschah etwas, das mich vollends aus der Bahn warf. Etwas, mit dem ich
niemals gerechnet hätte.
Wie
zufällig berührten sich die Außenkanten unserer Hände, Alessandros kleiner
Finger streifte meinen. Mein Herzschlag verdoppelte sich und pochte hart gegen
meinen Brustkorb. Einige Sekunden passierte nichts mehr, doch dann zuckte seine
Hand wieder und sein Finger hakte sich bei meinem ein. Ich schloss die Augen
und biss mir auf die Lippen. Verdammt was sollte ich nur tun? Das konnte doch
kein Versehen mehr sein, oder? Zur Probe zuckte ich mit dem Finger und
Alessandro tat es mir gleich. Ich wagte nicht, ihn anzublicken – hatte Angst,
in seinen Augen nicht das zu sehen, was mir seine Berührung signalisierte.
Testosteron und Adrenalin schossen in hohen Konzentrationen durch meine Adern.
Ich merkte, dass er mich jetzt ansah, spürte seinen warmen Atem an meinem Ohr.
Ich öffnete die Augen und wandte ihm das Gesicht zu. Er war so nah, seine
dunklen Augen funkelten.
„Als
ich fünfzehn war, habe ich einen Jungen geküsst“, sagte er leise, seine Stimme
klang heiser. Seine Beichte kam so unerwartet, dass ich die Luft anhielt und
nicht wagte weiter zu atmen. „Ich bin damals so sehr über mich selbst
erschrocken, dass ich mich von dem Tag an gegen jegliche Anziehungskraft
wehrte, die von Männern ausging. Es war oft hart, aber es ist mir immer
gelungen.“ Sein Daumen streichelte meine Handfläche unablässig, ich schloss
meine Finger um die seinen. „Bis ich dich getroffen habe“, fuhr er fort. „Warum
kann ich mich bei dir nicht verstellen? Warum ist es, als würdest du bis ins Tiefste
meiner Seele blicken können und sehen, was dort schlummert?“ Er hob die Hand
und legte sie an meine Wange. „Noah …“
„Ich
… ich weiß es nicht“, antwortete ich wispernd und schluckte hart. Ich wunderte
mich, dass ich überhaupt noch fähig war, zu sprechen. Mein hämmerndes Herz
musste doch jegliches Geräusch übertönen, oder?
Sein
Gesicht näherte sich meinem.
Er
hob die Hand und strich mit dem Daumen sanft über meine Unterlippe. Seine
Finger zitterten.
Und
dann küsste er mich.
Seine
Lippen legten sich warm und weich auf meine und ich war heilfroh, dass ich saß,
weil meine Knie zu Pudding wurden. Sein Kuss war zuerst etwas schüchtern und
auch ich versuchte mich zurückzuhalten. Ich griff vorsichtig in seinen Nacken
und zog ihn etwas näher an mich. Unsere Zungen trafen gleichzeitig aufeinander
und entzündeten ein Feuerwerk der Gefühle. Wir küssten uns leidenschaftlicher
und begannen wie auf Kommando gegenseitig an unseren Klamotten zu zerren. Ich
drückte ihn auf das Sofa zurück, er stöhnte leise. Alessandro lag auf dem
Rücken, als wir den Kuss lösten, um Luft zu holen. Seine faszinierend dunklen
Augen bedachten mich mit Leidenschaft und Begierde. Er streckte die Arme nach
mir aus. Ich legte mich vorsichtig über ihn und fiel ungeduldig über seinen
schönen Mund her. Alessandro stöhnte erneut auf und schlang ein Bein um meins.
Seine Hand tastete unter mein T-Shirt und streichelte meinen nackten Rücken. Oh
mein Gott, ich musste träumen, das konnte unmöglich real sein! Ich war bereits
so hart, dass meine Hose viel zu eng war und spürte auch seine Erektion
deutlich an meinen Lenden. Diesmal war es an mir, lustvoll aufzustöhnen. Ich
begann mich auf ihm zu bewegen, küsste seinen Hals und schob sein Shirt nach
oben, um seinen Oberkörper zu liebkosen. Als meine Lippen seine Brustwarzen
berührten und ich darüber leckte, entfuhr ihm ein Laut, der so sexy war, dass
ich beinahe gekommen wäre.
„Noah
…“, keuchte er atemlos, während er sein Becken hob und meinen Bewegungen
entgegen kam. „Oh, mio dio!“
Wir
waren dabei, uns im Strudel der Leidenschaft zu verlieren, ich spürte es. Ich
wollte ihm seine Kleider vom Leib reißen, mich zwischen seine Beine drängen und
in ihn eindringen. Ich wollte ihn nehmen, bis er vor Ekstase unter mir schrie.
Die
Türglocke nahm ich zuerst nur irgendwo in meinem Hinterkopf wahr, doch als es
länger und ungeduldiger läutete, zuckte Alessandro zusammen und innerhalb einer
Sekunde war der Zauber zerstört. Er sah mich erschrocken an und atmete schwer.
Seine Wangen waren gerötet und seine Lippen vom Küssen rosig und geschwollen.
Er wirkte verlegen und zugleich wahnsinnig sexy.
„D … der Schlüsseldienst“, stieß er heiser hervor, während er mich an
beiden Schultern festhielt und sachte von sich weg schob. Er fuhr auf und
flüchtete aus dem Raum. Ich blieb wie erstarrt sitzen und brachte es nicht
fertig, aufzustehen.